Gallikanismus

Unter Gallikanismus versteht man die Lehre, die die Freiheit der französisch katholischen Kirche gegen den Zentralismus des Papsttums verteidigt.
Als berühmtesten Vertreter des Gallikanismus ist Mgr. Bossuet anzusehen, Bischof von Meaux (17.Jh.), der die vier Gallikanischen Artikel von 1682, unterzeichnet von der Versammlung der französischen Bischöfe, wesentlich mit verfasste. Bossuet war es gelungen, die Beschlüsse des Konzil von Konstanz (1414-1418), neu zu festigen, deren oberster Grundsatz die Festlegung war, dass das Konzil als Versammlung der Bischöfe als oberstes Organ der Kirche über den Kompetenzen des Papstes steht.
Bischof Bossuet konnte sich auf die „Pragmatique Sanction“ stützen, die im Jahre 1438 verkündete königliche Verordnung von Karl VII., die dieser mit Hilfe und Zustimmung seiner Theologen in Kraft setzte und die die Rechte des Königs stützte und im Gegenzug die Rechte Roms in Bezug auf die Ernennung von Bischöfen und Äbten, Erhebung von Kirchensteuern, Bestrafungen, Exkommunizierungen und kirchlichen Verböten durch Rom untersagte.

Das „concile général“ wurde über die Stellung des Papstes gesetzt und nur es war ermächtigt zur Ernennung von Bischöfen und Äbten. Mit dieser Verordnung gab Karl VII. Frankreich einen Status eines reinen Gallikanischen Geistes.

All seine Dekrete wurden von Rom aus verurteilt und nicht anerkannt und konnten den Gallikanischen Wandel dennoch nicht aufhalten.
Erst im Jahre 1461 widerruft Louis XI. die „Pragmatique Sanction“ und unterstützt Papst Pius II., aber das Pariser Parlament (Sitz des Gallikanischen Widerstandes) weigert sich, der Anweisung Louis XI. zu folgen.
Schließlich wird im Jahre 1472 eine verbindliche Vereinbarung zwischen Louis XI. und Papst Sixtus IV. zur Aufhebung der „Pragmatique Sanction“ getroffen; aber das Parlament, welches die alten kirchlichen Kanonen zu verteidigen sucht, lehnt die Anwendung des Konkordats ab, so dass es letztlich ohne Bedeutung bleibt.
Im Konzil von Latran im Jahre 1545 erklärt der Kardinal von Lothringen öffentlich in der Universität von Paris die Vormachtstellung des Generalkonzils gegenüber dem Papst und fügt hinzu „das niemals ein französischer Bischof die Erklärung des Konzils von Florenz akzeptieren werde und die Alleinherrschaft des Papstes anerkennen würde“.
Trotz der starken Opposition von Rom bleibt die Pragmatische Sanktion von Bourge in Frankreich bis zur Unterzeichnung des Konkordats von Bologna zwischen König Francois 1. und Papst Leo X. im Jahre 1516 wirksam und kann darüber hinaus die Inspiration der politischen Religiosität in Frankreich nicht aufhalten.
Im siebzehnten Jahrhundert markieren Louis XIV. und Bischof Bossuet den Höhepunkt des Gallikanismus.
Im Jahre 1681 ruft der König zu einer Sondersitzung der Bischöfe Frankreichs ein und bittet sie in einer feierlichen Erklärung die wichtigsten Grundsätze der Freiheit der Gallikanischen Kirche festzulegen.
Bossuet, ernannt zum Bischof von Meaux, ist der wesentliche Akteur dieser Versammlung und für die Ausarbeitung der Texte verantwortlich.
Unter dem Titel « Déclaration du clergé gallican sur le Pouvoir dans l’Eglise » fasst er die vier Leitsätze (sprachgebräuchlich Deklaration der vier Artikel) zusammen:
1. Die Fürsten unterliegen nicht der Autorität der Kirche in zeitlichen Dingen.
2. Die Autorität des Papstes ist limitiert auf die Generalkonzile.
3. Die Autorität des Papstes ist den Gesetzen und Gebräuchen des Königs und der Kirche von Frankreich nachgestellt.
4. Die Meinung des Papstes ist nicht unfehlbar, wenn sie nicht von der Kirche bestätigt wird.
Am 19. März 1682 wird die Erklärung der Versammlung des Klerus von Frankreich vorgelegt und erhält die einstimmige Zustimmung aller französischen Bischöfe, was viel über die Bedeutung der Gallikanischen Stimmung dieser Zeit aussagt!
Nach der französischen Revolution war es:
Bischof Francois Chatel (1795-1857), der die Fackel der Gallikanischen Freiheiten wieder entzündete und die Gallikanisch Katholische Kirche führte. Nach 1904 bis 1911 wurde Bischof Jules Houssaye deren Primus. Nach ihm wurde Bischof Louis Francois Giraud, Patriarch und Primus der Gallikanisch Katholischen Kirche.

Ihm folgten:
Mgr Isidore Jalbert Ville 1950-1957
Mgr Joseph Poncelin d‘ Eschevannes von 1957-1970
Mgr Guy Patrick Truchemotte 1970-1987
Derzeit ist Erzbischof Dominique-Hubert Philippe Primus der Gallikanisch Katholischen Kirche in Paris.
Seit 1987 vereinigt er unter seinem Vorsitz die Nationalsynode der Gallikanischen Bischöfe und zwar:
Bischof Jean-Paul Marty, Evèque coadjuteur,
Mgr Damien Théodore Diefenthal, Bischof von Elsass/Lothringen
Mgr Bauwelers, Erzbischof von Belgien.
Die Gallikanisch katholische Kirche von Paris ist Mitglied des Internationalen Rates der Gemeinschaftskirchen und Mitglied des Ökumenischen Rates von Genf. Sie ist eine brüderliche Verbindung mit vielen Kirchen der katholischen Tradition.
Wie steht es heute mit dem französischen Gallikanismus?
Die Gallikanisch Katholische Kirche ist der Römisch Katholischen Kirche nahe stehend.
Was sie unterscheidet, ist die Priesterweihe von Familienvätern (so wie es auch der Fall für die Uniat-Kirchen ist, die vereint mit Rom sind) und die unabhängige, autonome Selbstverwaltung. Aber ansonsten werden die wesentlichen und grundlegenden Inhalte des christlichen Glaubens, sowohl der der Katholisch-Apostolischen Kirche als auch der Römisch-Katholischen Kirche gelebt.